Die 7 Dokumentarfilme im Wettbewerb um den Preis für den besten Dokumentarfilm

Dass aus Krisen und Umbrüchen immerhin Neues und Erhellendes erwächst, das zeigen anhand von politischen, gesellschaftlichen und künstlerischen Schicksalen eindrücklich die 7 Dokumentarfilme im Wettbewerb der Bozner Filmtage 2015. Der diesjährigen Jury um den von der Stiftung Südtiroler Sparkasse vergebenen Preis gehören an: Annina Wettstein (Solothurner Filmtage), Quit (welcher italienische Autor und Filmexperte sich hinter diesem Pseudonym verbirgt, wird bei den Filmtagen gelüftet!) und Tiziana Aricò (Kulturabteilung ORF).

Warum beherbergt der höchste Wolkenkratzer Venezuelas in Caracas Hausbesetzer statt Manager? Dieser und anderen abstrus anmutenden Fragen geht der aus Südtirol stammende Filmemacher Hannes Lang in I want to see the manager nach und untersucht anhand beispielhafter Geschichten die geopolitischen Umwälzungen im globalen Machtgefüge unseres Planeten.

Auch in Tristia – Eine Schwarzmeer-Odyssee begibt sich der Regisseur Stanislaw Mucha auf eine Erkundungsreise durch ein Gebiet im Umbruch, und zwar durch die sieben Länder rund um das Schwarze Meer, dort, wo die Grenze zwischen Asien und Europa verläuft und Zivilisation und Barbarei ihren Ursprung haben.

Der Blick der beiden Regisseurinnen Stefania Bona und Francesca Scalisi auf den Mikrokosmos einer öffentlichen Badeanstalt in Turin in La gente dei bagni ist nur vordergründig ein eingeschränkter. Wo er Menschen unterschiedlichster Herkunft und unterschiedlichster persönlicher Geschichte aufeinander treffen sieht zum allen gemeinsamen Bedürfnis der Körperreinigung wird er zum Spiegel für die in Italien aktuell stattfindenden sozialen Veränderungen.

Mit jüdischem Witz, balkanischem Zorn und deutscher Gründlichkeit lässt Adriana Altaras, die Tochter jüdischer Partisanen, die aus Kroatien nach Deutschland emigrierten, in Titos Brille die Zuschauer an ihrer Geschichte teilhaben. Die Regisseurin Regina Schilling begleitet die Schauspielerin und Autorin Adriana Altaras zu den Spuren ihrer „strapaziösen“ Familie auf einer Reise von Berlin über Gießen, Italien bis nach Zagreb, Split und Rab.

Auf den Bühnen Europas spielt auch Hubert von Goisern nun seit mittlerweile einem Vierteljahrhundert. Als Volksmusikerneuerer erreichte er mit seinen Hits „Koa Hiatamadl“ und „Brenna tuats guat“ Kultstatus weit über die Alpen-Rock-Fangemeinde hinaus. Seine persönliche und künstlerische Entwicklung als Musiker und Globetrotter ist hingegen weitgehend unbekannt und bildet den Ausgangspunkt für die filmische Gesamtschau Brenna tuat’s schon lang von Marcus H. Rosenmüller auf Goiserns aufregendes und singuläres Künstlerleben.

Namhaften Persönlichkeiten der europäischen Geschichte der Nachkriegszeit, einmal der Architektur, einmal der Fotografie widmen sich die beiden Filme Die Böhms – Architektur einer Familie und Der Fotograf vor der Kamera. In ersterem begleitete der junge Schweizer Filmemacher Maurizius Staerkle Drux die Arbeit und das Leben der Familie Böhm, einer der großen Architekten-Dynastien Deutschlands, über zwei Jahre mit der Kamera. Herausgekommen ist ein berührendes Porträt des 94jährigen Architekten Gottfried Böhm und seiner Familie, ein vielschichtiger Film über die Liebe, die Leidenschaft für Architektur und vier Generationen deutscher Geschichte.

Dem ebenfalls über 90jährigen Fotografen Erich Lessing, der mit seiner Aufnahme, die Leopold Figl im Mai 1955 mit unterzeichnetem Staatsvertrag am Balkon des Belvedere zeigt, sich in das kollektive Gedächtnis nicht nur der Österreicher eingeschrieben hat, ist das Filmporträt Der Fotograf vor der Kamera des südtiroler-österreichischen Filmemacherpaars Tizza Covi und Rainer Frimmel gewidmet. Lessing gehört zu den bedeutendsten europäischen Reportage‐Fotografen der Nachkriegszeit, und seine sorgsam komponierten Aufnahmen legen Zeugnis ab von den großen politischen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts.

Die Galerie Foto-Forum zeigt zeitgleich zu den Bozner Filmtagen die Ausstellung „Erich Lessing – Anderswo“ mit ausgewählten Fotografien von Erich Lessing. Eröffnung ist am Dienstag, 21.04., um 18 Uhr.