Bozner Filmtage goes Bolzano Film Festival Bozen

Es ist soweit! Anlässlich ihres 30jährigen Jubiläums 2016 erhalten die Bozner Filmtage einen neuen Namen und eine neue Grafik, die ihre fortan noch deutlichere Fokussierung auf den deutsch-italienischen Austausch bzw. die Einbindung italienischer Filmproduktionen und eine noch stärkere internationale Ausrichtung zum Ausdruck bringen wollen: das neue Bolzano Film Festival Bozen präsentiert sich 2016 mit einigen zukunftsweisenden Neuerungen, die die inhaltliche und strukturelle Entwicklung des Festivals in 30 Jahren aufgreifen und insbesondere auf die veränderten Rahmenbedingungen reagieren, die sich durch die verstärkte Präsenz einer jungen, aufstrebenden Filmbranche in Südtirol ergeben haben.

Neben den bewährten Wettbewerben und Preisen, dem weiterhin besonderen Augenmerk für das lokale Filmschaffen und im Land produzierter Filme in den Filmreihen Local Artists und Made in Südtirol, den verdienten Kooperationen mit anderen Veranstaltern und Festivals (mit dem Jazzfestival Südtirol/Alto Adige, den Vereinigten Bühnen Bozen, den Filmfestivals: Der Neue Heimatfilm in Freistadt, Internationales Filmfestival Innsbruck, Kinofest Lünen, Filmfestival della Lessinia und den Musikfilmtagen Oberaudorf), wird das neue Bolzano Filmfestival Bozen ab 2016 verstärkt die Diskussion sowohl mit den lokalen und internationalen Filmschaffenden und Brancheninteressierten, als auch mit einem jungen Filmpublikum vor Ort suchen und dafür neue Plattformen schaffen.

Die wichtigsten inhaltlichen Neuerungen sind:

  • Neue Spielorte in der Stadt Bozen und in mehreren Orten Südtirols
  • „Work in Progress“: ein innovatives Projekt für die Filmbranche
  • Junges Publikum im Saal und in einer Schülerjury
  • Fokus Europa: ein Blick auf das Filmland Slowenien
  • Ehrenpreis für den Special Guest

Auf Wiedersehen bei
Bolzano Film Festival Bozen
vom 13. – 17. April 2016

Finden Sie in Kürze alle News auf: www.filmfestival.bz.it

 

 

 

 

 


Die Preisträger der 29. Bozner Filmtage

Preis des Landes Südtirol

Unter den sieben zur Auswahl stehenden Spielfilmen fiel die Entscheidung auf „CHRIEG“ von Simon Jaquemet.

Die Filme „HEDI SCHNEIDER STECKT FEST“ von Sonja Heiss, und „WIR SIND JUNG, WIR SIND STARK“ von Burhan Qurbani wurden mit einer lobenden Erwähnung bedacht. Die Jurymitglieder Eva Mattes, Nikolaj Nikitin und Oliver Rauch begründeten ihre Entscheidung folgendermaßen:

Der Preis für den besten Spielfilm geht an CHRIEG von Simon Jaquemet für seine bewusste Auswahl und den gekonnten Einsatz aller filmgestalterischen Mittel.

Beeindruckt hat uns die unmittelbare und ökonomische Erzählweise, mit der die lieb- und lichtlose Umwelt und die starken Konflikte der Hauptfigur Matteo geschildert werden. In Simon Jaquemets Debüt kommt eine mutige und risikobereite Haltung des Regisseurs zum Ausdruck, die auf die präzise Auswahl seiner Protagonisten und ihr energiegeladenes Spiel vertraut. Die schmutzigen und rohen Bilder haben uns nicht mehr losgelassen. Die beklemmende Atmosphäre in der Stadt und in der Berglandschaft zeigen Matteos Isolation, aus der der talentierte Regisseur seine Zuschauer dennoch mit einer hoffnungsvollen Perspektive entlässt!

Lobende Erwähnung für:

Hedi Schneider steckt fest (von Sonja Heiss)

Für das herausragende Spiel ihrer Hauptdarstellerin Laura Tonke, die mit spielerischer Leichtigkeit und Natürlichkeit die große emotionale Tiefe der Figur füllt.

und

Wir sind jung, wir sind stark (Burhan Qurbani)
Der sich unerschrocken und mit für eine zweite Regiearbeit bemerkenswert souveräner Handhabung der filmischen Mittel einem drängenden, gesellschaftlichen Thema stellt und mit seinem beeindruckenden Schlussbild weit über die Erzählung des Films hinausweist.

Preis der Stiftung Südtiroler Sparkasse

Unter den sieben zur Auswahl stehenden Dokumentarfilmen fiel die Entscheidung auf „DIE BÖHMS – ARCHITEKTUR EINER FAMILIE“ von Maurizius Staerkle Drux, der Film „I WANT TO SEE THE MANAGER“ von Hannes Lang wurde mit einer lobenden Erwähnung bedacht. Die Jurymitglieder Tiziana Aricò, Annina Wettstein und Daniele Rielli begründeten ihre Entscheidung wie folgt:

“Zwei der Filme im Wettbewerb haben die Jury besonders überzeugt – einen davon ernennt die Jury einstimmig zum Gewinner – hingegen möchten wir eine Lobende Erwähnung aussprechen für „I want to see the Manager“ von Hannes Lang. Der Film besticht dadurch, dass er mit viel Originalität episodenhaft von der Gegenwart erzählt und gleichzeitig den Blick auf das Ganze nicht verliert. Es handelt sich um einen prägnanten Kommentar zur globalisierten Welt, der eine eigene formale Sprache findet.

Die Familiensaga „Die Böhms“ ist ein vielschichtiges Porträt: nicht nur über eine Familie, sondern auch über die Architektur einer Zeit, einer Familie und dreier Generationen, ohne dabei den gesamtgesellschaftlichen Aspekt aus den Augen zu verlieren. Es gelingt dem Regisseur, die Räumlichkeit der Architektur in eine überzeugende filmische Sprache zu übersetzen. Mit viel Feingefühl zeichnet er die Geschichte eines Mannes im letzten Lebensabschnitt, die gleichzeitig eine Allegorie ist für ein Europa, das seine große Blüte hinter sich hat und vor einer unsicheren kulturellen und wirtschaftlichen Zukunft steht – treffend symbolisiert durch das chinesische Projekt des einen Sohnes. Die Jury prämiert einen Film, dessen Kohärenz vergleichbar ist mit einem der Monumente Gottfried Böhms, und sie prämiert einen talentierten jungen Regisseur, der die Dichte des Themas adäquat und mit viel Gefühl für Musikalität umsetzt.

Publikumspreis der Stadt Bozen

Das Publikum entschied sich für

HUBERT VON GOISERN – BRENNA TUAT’S SCHON LANG von Marcus H. Rosenmüller

 

 

Preis für den besten Kurzfilm NO WORDS AWARD, gestiftet von der Stiftung Südtiroler Sparkasse

Unter den 26 zur Auswahl stehenden Kurzfilmen fiel die Entscheidung auf „LILAvon Carlos Lascano.

Begründung: Dieser Film erzählt auf lebhafte Weise eine originelle Geschichte, voller Optimismus, und vereint dabei Fiktion mit Animation. Technik und Ästhetik sind perfekt und übermitteln vom Anfang bis zum Ende die positive Botschaft des Drehbuches. Ein hervorragender Kontrast zu den Ängsten und Katastrophen in dieser schier unendlich scheinenden aktuellen Krise.

“Wenn jeder einzelne auch nur einen kleinen Beitrag leistet, wird sich unsere Welt verändern”.

Die Filme „Eideann“ von Alvaro Granados undFlash“ von Alberto Riuz Rojo wurden mit einer lobenden Erwähnung bedacht.

Begründung für „Eideann“: Ein origineller Animationsfilm mit einer gut gelungenen grafischen Umsetzung. Eine Geschichte voller Humor und für alle verständlich. Sie hat die Kraft, die Aufmerksamkeit des Publikums vom Anfang bis zum Ende am Leben zu halten.

Begründung für „Flash“: Ein ungewöhnlicher Kurzfilm, originell und voller Spannung. Ein solides Drehbuch, ein gelungener Schnitt und eine Musik, die mit der Geschichte harmoniert.

Ein intelligenter und berührender Film.

 

Publikumspreis NO WORDS, gestiftet von der Stiftung Südtiroler Sparkasse

Das Publikum entschied sich für:

“Lila” von Carlos Lascano, Spanien 2014


Programmänderung

Aufgrund der Forderung des italienischen Filmverleihs 01/RAI CINEMA sind wir leider gezwungen den Film „Mia madre“ von Nanni Moretti aus dem Festivalprogramm zu nehmen. Stattdessen zeigen wir am Samstag, 25.04. um 19.30 Uhr „Der letzte Patriarch“
und am Sonntag, 26.04, 20.00 Uhr „Vergine giurata“.
Die Vorstellung am Freitag, 24.04. um 14.30 entfällt.

Die Vorstellungen von Mia madre werden ab Montag, 27. April wieder aufgenommen.
Wir bedauern die Unannehmlichkeiten und bitten um Ihr Verständnis.


Es ist soweit: Am Mittwoch eröffnen die 29. Bozner Filmtage mit „Zeit der Kannibalen“!

Mit 67 Filmen im Programm übersteigen die diesjährigen Bozner Filmtage an Umfang und Vielfalt alle bisherigen Ausgaben, die Filmtage platzen aus allen Nähten und sind stolz darauf! Ausgedehnt auf einen vierten Kinosaal im Bozner Naturmuseum und die Aufführungsorte Meran und Kaltern heißt es ab Mittwoch für 5 Tage Film ab in Südtirol!

Die Bozner Filmtage setzen in diesem Jahr neben großen Namen in der Gästeliste – der Ehrengast Tobias Moretti, der Oscar-Anwärter Oliver Hirschbiegel, die Alpenrocklegende Hubert von Goisern und nicht zuletzt die große Diva des deutschsprachigen Kinos und Theaters Eva Mattes – in der Auswahl der Spiel- und Dokumentarfilme besonders auf politische Aktualität und eröffnen das Festival entsprechend mit der deutschen Kinogroteske „Zeit der Kannibalen“ von Johannes Naber, in der drei Unternehmensberater (in einem Kammerspielsetting überragend gespielt von Devid Streisow, Sebastian Blomberg und Katharina Schüttler) an ihre persönlichen Abgründe und an die des Spätkapitalismus geraten.

Das Team der 29. Bozner Filmtage wünscht allen Besucherinnen und Besuchern und allen in- und ausländischen Gästen von Mittwoch 22. bis Sonntag, 26. April ein unterhaltsames und ereignisreiches Festival mit vielen anregenden Entdeckungen und Gesprächen!


Die Filme der Reihe LOCAL ARTISTS

Seit einigen Jahren bereits widmen die Bozner Filmtage dem Schaffen lokaler Filmemacher das Fenster LOCAL ARTISTS. Die Auswahl aus der immer größeren und ambitionierteren heimischen Filmproduktion fiel in diesem Jahr besonders schwer, zum Beispiel galt es zwischen zwei gerade fertiggestellten Dokumentarfilmen über Luis Durnwaldner auszuwählen und so fiel die schwierige Entscheidung letztendlich auf Georg Tschurtschenthalers und Jan Zabeils „Der letzte Patriarch“, der sich besonders dadurch auszeichnet, Luis Durnwaldners 25jährige Amtszeit im Zusammenhang der Frage nach dem Verhältnis von Macht und Volk zu beleuchten.
Politisch und historisch nach wie vor brisant ist auch die Frage, warum nach dem Ende des NS-Regimes so viele NS-Funktionäre (wie Adolf Eichmann, Martin Bormann u.a.) den Weg über die Brennergrenze durch Südtirol wählten. Karin Dureggers Dokumentation „Die Rattenlinie – Nazis auf der Flucht durch Südtirol“ begibt sich mit Zeitzeugen auf die Spuren der Fluchtrouten führender Nazi-Größen durch Südtirol und greift dafür aktuelle Forschungsquellen auf.
Wie die Tiroler und Welschtiroler, die in den Jahren zwischen 1858 und 1875 ihre Heimat verließen um in Amerika eine bessere zu finden, heute in der fünften und sechsten Generation in Brasilien leben, dokumentiert der Film „Tiroler im Urwald“ von Luis Walter.
In 3 Kurzfilmen fokussiert „Nati con il vestito“ von Alessio Vasarin die Stadt Bozen in den 40er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts, auch „Il viaggio di Marco Cavallo“ von Erika Rossi und dem aus Meran gebürtigen Giuseppe Tedeschi setzt in den 70er Jahren an, als eine Künstlergruppe ein blaues Pferd aus Pappmaché durch Italiens psychiatrische Vollzugsanstalten führte, um auf deren Missstände aufmerksam zu machen und zeigt die heutige, kaum veränderte Situation in den psychiatrischen Abteilungen italienischer Gefängnisse. „Countdown“ von Rolf Mandolesi dokumentiert in 10 langen Minuten das Fällen einer 110 Jahre alten Sequoia in Meran und die aktuelle Folge des TV-Magazins „Frame – Drehort Südtirol“ von Martin Hanni besuchte die Südtiroler Drehorte zum Film „Elser“ von Oliver Hirschbiegel und sprach mit dem Drehbuchautor, dem Produzenten, dem Regisseur, den Schauspielern und vielen anderen Akteuren vor und hinter der Kamera.


NO WORDS: Ein europäischer Wettbewerb mit Kurzfilmen auf höchstem Niveau

26 Kurzfilme ohne Worte nehmen in diesem Jahr am Wettbewerb No words um den von der Stiftung Südtiroler Sparkasse vergebenen Preis NO WORDS AWARD teil, der im Rahmen der Bozner Filmtage vom Team Cineclub Bozen (Sabrina Orsaniti, Giò Roseano, Silvana Decarli, Michele Esposito, Rudi Ritsch, Roland Seppi) organisiert wird.

Erstmalig wurde die Auswahl auf ganz Europa ausgedehnt und überraschenderweise kamen die meisten der 300 eingereichten Beiträge und viele sehr wertvolle aus Spanien. Die Auswahl der 26 Kurzfilme im Programm, die wiederum in 2 Blöcken (No Words 2, No Words 2) zu jeweils 90 Minuten gezeigt wird, fiel in diesem Jahr besonders schwer. Ausgewählt wurden die 26 Kurzfilme ohne Worte im Wettbewerb, unter denen in diesem Jahr mehr Fiction als Zeichentrick auffällt und die Qualität der eingereichten Arbeiten alle Erwartungen übertraf, von Filmemachern aus Spanien, den Niederlanden, Deutschland, Italien, Dänemark, Belgien, Ukraine und der Schweiz.
Bewertet werden die Kurzfilme von den internationalen Jurymitgliedern: Christine Grèzes (Frankreich), Andrea Recussi (Italien, Deutschland) und Ado Hasanovic (Bosnien, Italien).


Die 7 Dokumentarfilme im Wettbewerb um den Preis für den besten Dokumentarfilm

Dass aus Krisen und Umbrüchen immerhin Neues und Erhellendes erwächst, das zeigen anhand von politischen, gesellschaftlichen und künstlerischen Schicksalen eindrücklich die 7 Dokumentarfilme im Wettbewerb der Bozner Filmtage 2015. Der diesjährigen Jury um den von der Stiftung Südtiroler Sparkasse vergebenen Preis gehören an: Annina Wettstein (Solothurner Filmtage), Quit (welcher italienische Autor und Filmexperte sich hinter diesem Pseudonym verbirgt, wird bei den Filmtagen gelüftet!) und Tiziana Aricò (Kulturabteilung ORF).

Warum beherbergt der höchste Wolkenkratzer Venezuelas in Caracas Hausbesetzer statt Manager? Dieser und anderen abstrus anmutenden Fragen geht der aus Südtirol stammende Filmemacher Hannes Lang in I want to see the manager nach und untersucht anhand beispielhafter Geschichten die geopolitischen Umwälzungen im globalen Machtgefüge unseres Planeten.

Auch in Tristia – Eine Schwarzmeer-Odyssee begibt sich der Regisseur Stanislaw Mucha auf eine Erkundungsreise durch ein Gebiet im Umbruch, und zwar durch die sieben Länder rund um das Schwarze Meer, dort, wo die Grenze zwischen Asien und Europa verläuft und Zivilisation und Barbarei ihren Ursprung haben.

Der Blick der beiden Regisseurinnen Stefania Bona und Francesca Scalisi auf den Mikrokosmos einer öffentlichen Badeanstalt in Turin in La gente dei bagni ist nur vordergründig ein eingeschränkter. Wo er Menschen unterschiedlichster Herkunft und unterschiedlichster persönlicher Geschichte aufeinander treffen sieht zum allen gemeinsamen Bedürfnis der Körperreinigung wird er zum Spiegel für die in Italien aktuell stattfindenden sozialen Veränderungen.

Mit jüdischem Witz, balkanischem Zorn und deutscher Gründlichkeit lässt Adriana Altaras, die Tochter jüdischer Partisanen, die aus Kroatien nach Deutschland emigrierten, in Titos Brille die Zuschauer an ihrer Geschichte teilhaben. Die Regisseurin Regina Schilling begleitet die Schauspielerin und Autorin Adriana Altaras zu den Spuren ihrer „strapaziösen“ Familie auf einer Reise von Berlin über Gießen, Italien bis nach Zagreb, Split und Rab.

Auf den Bühnen Europas spielt auch Hubert von Goisern nun seit mittlerweile einem Vierteljahrhundert. Als Volksmusikerneuerer erreichte er mit seinen Hits „Koa Hiatamadl“ und „Brenna tuats guat“ Kultstatus weit über die Alpen-Rock-Fangemeinde hinaus. Seine persönliche und künstlerische Entwicklung als Musiker und Globetrotter ist hingegen weitgehend unbekannt und bildet den Ausgangspunkt für die filmische Gesamtschau Brenna tuat’s schon lang von Marcus H. Rosenmüller auf Goiserns aufregendes und singuläres Künstlerleben.

Namhaften Persönlichkeiten der europäischen Geschichte der Nachkriegszeit, einmal der Architektur, einmal der Fotografie widmen sich die beiden Filme Die Böhms – Architektur einer Familie und Der Fotograf vor der Kamera. In ersterem begleitete der junge Schweizer Filmemacher Maurizius Staerkle Drux die Arbeit und das Leben der Familie Böhm, einer der großen Architekten-Dynastien Deutschlands, über zwei Jahre mit der Kamera. Herausgekommen ist ein berührendes Porträt des 94jährigen Architekten Gottfried Böhm und seiner Familie, ein vielschichtiger Film über die Liebe, die Leidenschaft für Architektur und vier Generationen deutscher Geschichte.

Dem ebenfalls über 90jährigen Fotografen Erich Lessing, der mit seiner Aufnahme, die Leopold Figl im Mai 1955 mit unterzeichnetem Staatsvertrag am Balkon des Belvedere zeigt, sich in das kollektive Gedächtnis nicht nur der Österreicher eingeschrieben hat, ist das Filmporträt Der Fotograf vor der Kamera des südtiroler-österreichischen Filmemacherpaars Tizza Covi und Rainer Frimmel gewidmet. Lessing gehört zu den bedeutendsten europäischen Reportage‐Fotografen der Nachkriegszeit, und seine sorgsam komponierten Aufnahmen legen Zeugnis ab von den großen politischen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts.

Die Galerie Foto-Forum zeigt zeitgleich zu den Bozner Filmtagen die Ausstellung „Erich Lessing – Anderswo“ mit ausgewählten Fotografien von Erich Lessing. Eröffnung ist am Dienstag, 21.04., um 18 Uhr.


Die Spielfilme im Wettbewerb um den Preis des Landes Südtirol

Pubertäre und andere Sinn- und Identitätskrisen, Begegnungen im Schnee, mit dem IPod und mit Gott, Neonazismus und Jungfrauenschwüre: dies der Stoff, aus dem die 7 Spielfilme im Wettbewerb bei den Bozner Filmtagen 2015 gemacht sind

Vielseitig und bunt sind auch in diesem Jahr die Themen und Inhalte der sieben Spielfilme im Wettbewerb um den Preis des Landes Südtirol für den besten Spielfilm. Für die Spielfilmjury konnten in diesem Jahr die Schauspielerin Eva Mattes, der Festivalexperte Nikolaj Nikitin und der Drehbuchautor Oliver Rauch gewonnen werden.

Der diesjährige Schweizer Beitrag ist Chrieg in der Regie und nach dem Drehbuch von Simon Jaquemet. Darin wird die Geschichte einer Gruppe gewalttätiger Jugendlicher erzählt, die zur Therapie in die Abgeschiedenheit einer Alm geschickt werden und hier, völlig auf sich selbst gestellt, erst allmählich lernen müssen, ihre Gewaltbereitschaft sich selbst und den Erwachsenen gegenüber, zu kanalisieren.

Von jugendlicher Randale erzählt auch der Film Wir sind jung, wie sind stark von Burhan Qurbani, der die Ereignisse vom 24. August 1992, als es in Rostock zu blutigen Ausschreitungen gegen Ausländer und gegen die Polizei kam und dies nach der Wende zum Erstarken neonazistischer Manifestationen in ganz Deutschland führte, aus der Perspektive einzelner Jugendlicher einer trostlosen Wohnsiedlung in Rostock-Lichtenhagen beleuchtet.

Ebenfalls aus Deutschland kommt der Film Hedi Schneider steckt fest von Sonja Heiss, in dem die plötzlichen psychischen Probleme einer jungen Frau und Mutter die zunächst noch so innig vereinte Familie auf eine harte Zerreisprobe stellen. Eine gemeinsame Reise nach Norwegen soll das gestörte familiäre Gleichgewicht wieder ins Lot bringen, was nicht ohne Turbulenzen abgeht.

Auch in Superwelt, dem nach „Atmen“ zweiten Spielfilm des vor allem als Schauspieler bekannten Karl Markovics bricht eine Frau mit den Gewohnheiten von Familie, Ehe und Beruf und stürzt nicht nur sich selbst in eine existentielle Sinnkrise. Das Ereignis, das das Leben von Gabi Kovanda, einer Supermarktangestellten aus der österreichischen Provinz schlagartig verändern wird, ist die plötzliche Begegnung mit Gott.

Ebenfalls aus Österreich der Beitrag Ma folie der jungen Regisseurin Andrina Mracnikar. In Ma folie driftet das Liebesglück eines Paares zusehends in die Abgründe von Eifersucht und Stocking und mit seinem Sujet verändert sich auch das Filmgenre von einer romantischen Lovestory zu einem vielschichtigen Psychothriller, in dem die Grenzen zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung, Vertrauen und Misstrauen, Realität und Illusion, Wahrheit und Lüge verschwimmen.

Deutlich stiller und weniger schrill die zufällige Begegnung zwischen einem Mann, der möglicherweise dem Versteck der Beute eines Raubüberfalls hinterher ist, und einer dunkelhäutigen Frau im Film Neve von Stefano Incerti. Die Geschichte und das Verhältnis seiner beiden Protagonisten bleiben in diesem Film, gedreht in einer tiefverschneiten Berggegend Mittelitaliens, rätselhaft und unausgesprochen, wie auch das Genre des Films sich nicht festlegen will und zwischen Road Movie, Western und Film Noir changiert.

Der zweite Beitrag aus Italien, der Debütfilm Vergine Giurata von Laura Bispuri, begleitet eine junge Frau (Alba Rohrwacher) auf einer schwierigen und schmerzhaften Odyssee fort aus der archaischen Bergwelt Albaniens in das moderne Leben einer italienischen Großstadt. Der Film erzählt die Geschichte einer Frau, die ihre Geschlechtlichkeit neu entdeckt, nachdem sie zunächst dem traditionellen albanischen Recht, dem Kanun, folgend den Schwur ewiger Jungfäulichkeit abgelegt hatte.


„Ganz großes Kino“ – Der Film „Elser“ im Programm der Bozner Filmtage

Die Bozner Filmtage sind stolz, die Südtirol-Premiere von ELSER – ER HÄTTE DIE WELT VERÄNDERT, der gerade in Deutschland umjubelt Premiere feierte, in ihrem Programm präsentieren zu dürfen!

Der Film ELSER erzählt die Hintergründe des fehlgeschlagenen Anschlags, den der aus Königsbronn stammende Schreiner Georg Elser am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller an Adolf Hitler verübte und dessen selbstgebaute Bombe sein Opfer um 13 verhängnisvolle Minuten verfehlte. Der Film zeichnet ein packendes, emotionales Porträt des Widerstandskämpfers, den sie in seiner Heimat den „kleinen Schorsch“ nannten und der aus einfachen Verhältnissen stammend der Geschichte, wäre sein Plan geglückt, möglicherweise einen anderen Verlauf gegeben hätte. Der Film begleitet die Figur des Georg Elser von seinen frühen Jahren auf der schwäbischen Alb – als auch in seinem Heimatort der Nationalsozialismus Einzug hielt – bis hin zu seinen letzten Tagen im KZ Dachau, wo er kurz vor Kriegsende auf Befehl desjenigen ermordet wird, den er selbst zur Strecke bringen wollte.

Dabei sein werden bei der Präsentation der Regisseur Oliver Hirschbiegel (Das Urteil, Das Experiment, Der Untergang), der Hauptdarsteller Christian Friedel (Das weiße Band, Russendisko, Ende der Schonzeit, Amour fou) und zahlreiche Südtiroler Beteiligte, die in diesem Film, insbesondere bei dem Teil der Dreharbeiten, der in Südtirol stattgefunden hat, mitgewirkt haben.


„Brenna tuat‘s schon lang“ von Marcus R. Rosenmüller im Wettbewerb

„Brenna tuat‘s schon lang“, Marcus R. Rosenmüllers Filmporträt über den legendären Volksmusiker aus dem österreichischen Salzkammergut Hubert von Goisern läuft bei den Filmtagen im Wettbewerb für den besten Dokumentarfilm.

Spätestens seit Veröffentlichung seines Erfolgsalbums „EntwederUNDoder“ mit seiner systemkritischen Protesthymne „Brenna tuat’s guat“ (2011) ist Hubert von Goisern nicht nur im Kreis der Alpenrock-Fangemeinde ein fixer Begriff. Mit seinen tiefsinnigen und kritischen Texten wurde er plötzlich auch in der Mitte der Gesellschaft gehört und einige seiner Hits erlangten Kult-Status. Hubert von Goisern beweist schließlich nicht erst seit gestern, dass der wahre Sound des Alpenraums fernab von Musikantenstadl und Volkstümelei liegt.

Seine persönliche und künstlerische Entwicklung zwischen den Höhepunkten seiner Karriere ist hingegen weitgehend unbekannt. Marcus R. Rosenmüllers filmische Gesamtschau auf Goiserns aufregendes und singuläres Künstlerleben nimmt hier seinen Ausgangspunkt und setzt dem Globetrotter aus dem Salzkammergut und seinem Alpenrock zwischen Poesie und Provokation ein filmisches Denkmal. Eindrücklich zeigt der bayerische Kultregisseur Marcus H. Rosenmüller (u. a. „Wer früher stirbt ist länger tot“) wie sein Protagonist in seiner 25jährigen Karriere immer wieder zu neuen Ufern aufbricht, mit seiner packenden Spielfreude Brücken schlägt, Mauern einreißt und trotz ständiger Bewegung geerdet bleibt.

Die Bozner Filmtage freuen sich, den Film in Anwesenheit von Hubert von Goisern und des Regisseurs Marcus R. Rosenmüller präsentieren zu dürfen.